Epidemiologische Indizes werden verwendet, um valide Informationen über das Ausmaß und die Verteilung von Krankheiten zu gewinnen.
Beispielhaft für eine Vielzahl von gebräuchlichen epidemiologischen Indizes sollen hier der Gingivaindex, der Parodontitisindex und der Parodontale Screeningindex vorgestellt werden.
Der im Original auf Deutsch als Zahnfleischindex bezeichnete Gingivaindex wurde 1963 von Löe und Silness vorgeschlagen und diente zur epidemiologischen Erfassung der Schwangerschaftsgingivitis. Der Gingivaindex wurde in einer Vielzahl epidemiologischer Studien verwendet.
Kriterien für den Gingivaindex:
Grad |
Beschreibung |
0 |
keine Entzündung |
1 |
leichte Entzündung
- leichte Änderung der Farbe
- leichte Änderung der Textur
|
2 |
moderate Entzündung
- leicht glasiges Aussehen
- Rötung
- Ödem
- Hypertrophie
|
3 |
schwere Entzündung
- deutliche Rötung und Hypertrophie
- Tendenz zur spontanen Blutung
- Ulzeration
|
Der Gingivaindex wird an sechs Zähnen, die die sechs Segmente des Kiefers repräsentieren, ermittelt.
Im Oberkiefer sind dies die Zähne: Rechter erster Molar, rechter seitlicher Schneidezahn, linker erster Prämolar.
Im Unterkiefer werden folgende Zähne gemessen: Linker erster Molar, linker seitlicher Schneidezahn, rechter erster Prämolar.
Bei jedem dieser Zähne werden Werte für jede Seite des Zahns (bukkal, lingual, mesial und distal) vergeben. Diese Werte für jede Seite werden addiert und durch 4 geteilt, um den GI für den einzelnen Zahn zu ermitteln. Die Werte der einzelnen Zähne werden verwendet, um einen durchschnittlichen GI für die einzelnen Zahngruppen zu errechnen (Inzisivi, Prämolaren, Molaren). Die Summe der GIs der Zahngruppen geteilt durch sechs ergibt den GI für den Patienten. Somit ist der Patienten-GI ein Durchschnittswert der ermittelten Untergrade
(Löe und Silness 1963).
Anwendungsbeispiel:
Ermittlung der Einzelwerte:
Zahn |
b-l/p-m-d |
Grad Zahn |
Gruppe |
16 |
1-2-3-2 |
2 |
Molar |
12 |
1-2-2-1 |
1,5 |
Schneidezahn |
24 |
2-0-0-0 |
0,5 |
Prämolar |
36 |
2-3-2-3 |
2,5 |
Molar |
32 |
2-3-2-2 |
2,25 |
Schneidezahn |
44 |
2-3-2-2 |
2,25 |
Prämolar |
Ermittlung der Gruppenwerte:
Gruppe |
Grad |
Molar |
2,25 |
Schneidezahn |
1,88 |
Prämolar |
1,38 |
Gesamt-GI: 1,8
Weil Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts keine ausreichend validen Indizes zur Verfügung standen, um die Prävalenz und epidemiologischen Charakteristika der Parodontalerkrankungen zu messen, veröffentlichte Russel 1956 den Parodontitis-Index (PI), mit dem es möglich ist, mit minimaler Ausrüstung die Auswirkungen parodontaler Erkrankungen zu messen, um quantitative Vergleiche zwischen einzelnen Populationen zu ermöglichen
(Russell 1956).
Die folgende Tabelle zeigt die Gradeinteilung des Parodontitisindex:
Grad |
Beschreibung der Kriterien |
zusätzliche radiologische Kriterien |
0 |
negativ, keine Entzündung |
röntgenologisch normal |
1 |
milde Gingivitis; freie Gingiva teilweise, jedoch nicht komplett um den Zahn herum entzündet |
|
2 |
Gingivitis; Entzündung um den kompletten Zahn herum, kein Attachmentverlust |
|
4 |
|
frühe kerbenartige Resorption des Alveolarkamms |
6 |
Gingivitis mit Taschenbildung: Das epitheliale Attachment ist aufgebrochen. Aufgrund der Gingivaschwellung bildet sich eine Tasche. Keine Funktionseinschränkung, der Zahn sitzt fest in der Alveole und ist nicht gekippt. |
horizontaler Knochenverlust des Alveolarknochens bis zu 50 % |
8 |
Fortgeschrittene Zerstörung mit Verlust der Kaufunktion. Der Zahn kann lose sein oder sich bewegen. Dumpfer Klang bei Perkussion, kann in die Alveole gedrückt werden. |
Fortgeschrittener Knochenverlust mehr als 50 %; intraossäre Tasche, erweiterter PA-Spalt; ggf. Wurzelresorptionen oder Rarefikation |
Bei Zweifeln wird der jeweils bessere Grad gewählt
(Russell 1956).
Der PSR bzw. PSI dient in der Praxis dazu, durch eine zeitsparende Untersuchung feststellen zu können, ob bei einem Patienten eine Gingivitis oder eine Parodontitis vorliegt, und ein
Behandlungsbedarf besteht. Bei der Untersuchung wird das Gebiss in Sextanten unterteilt und mit einem Codewert von 0-4 bewertet. Die Codes 3 und 4 zeigen eine Parodontitis an. Die Codes 1 und 2 zeigen eine Gingivitis an.
Sextant |
Zähne |
1 |
17-14 |
2 |
13-23 |
3 |
24-27 |
4 |
37-34 |
5 |
33-43 |
6 |
44-47 |
Die Messung wird mit der WHO-Sonde durchgeführt, die eine schwarze Markierung von 3,5–5,5 mm aufweist.
Code |
Sondierungstiefe |
sonstige Eigenschaften |
Diagnose und Therapie |
0 |
< 3,5 mm |
keine Blutung, kein Zahnstein, keine überhängenden Restaurationsränder |
gesund
Recall (regelmäßige Kontrolle) |
1 |
< 3,5 mm |
Blutung, kein Zahnstein, keine überhängenden Restaurationsränder |
Gingivitis
Motivation
Mundhygieneanleitung
Recall |
2 |
< 3,5 mm |
Blutung kann vorhanden sein, Zahnstein, überhängende Restaurationsränder |
Gingivitis
professionelle Zahnreinigung (PZR),
ggf. Konturierung von Füllungsrändern
Motivation
Mundhygieneanleitung
Recall |
3 |
> 3,5 mm bis < 5,5 mm (schwarzes Band teilweise sichtbar) |
|
Parodontitis
bei 2 und mehr Sextanten mit Code 3 Diagnostik und Therapie des gesamten Gebisses |
4 |
> 5,5 mm (schwarzes Band nicht sichtbar) |
  |
Parodontitis
PA-Status und Parodontitisherapie |
(Weber 2010, 124; Wolf et al. 2012, 73) Folgende Indizes sind gebräuchlich:
- Plaque-Index nach O’Leary
- Plaque-Index nach Silness & Löe
- PMA-Index
- Sulkusblutungsindex
- Papillenblutungsindex
- Gingivablutungsindex
- modifizierter Blutungsindex
Oral Hygine Index
- OHI-S
- Quigley-Hein-Index
- Turesky-Modifikation des QHI
- Visible Plaque Index
- Community Periodontal Index
- Extent & Severity Index
(Müller 2012, 82–84)